Montreal
19.12.2015
Montreal
Hamburg. Rote Flora. Noch ne Molle? Während andere Halbstarke von der Elbe sich ihre Straßenpunkattitüde direkt in den Nietengürtel ritzen konnten, irrten die drei Jungs von Montreal noch im vorstädtischen Bermudadreieck zwischen Sportverein, Mofa-Gang und Schultheater umher. Zum Glück entdeckten die Nordlichter schnell die Musik als einzig akzeptable Freizeitbeschäftigung und ihr Ticket raus aus dem Elend zwischen Wodka-Sprite, Kunstlederjacken und Autoscooter-Pop. Im Jahr 2003 machten Yonas, Hirsch und Max Power schließlich die Band Montreal auf („Band aufmachen“: Unwort der Jahre 1994-1998), zwei Jahre später erschien bereits ihr erstes Album „Alles auf schwarz“. Seitdem folgten knapp 600 Konzerte in über 15 Ländern, unter anderem mit der Bloodhound Gang, Slime, Royal Republic und Ignite. Bis heute halten sich die Gerüchte, dass irgendwann gar ein Videoclip der Band in der Rotation von Viva und MTV landete. Ihr bisher größtes Lob bekam Montreal von den Rocktitanen der Münchener Freiheit, die sagten: „Unsere Begeisterung hält sich sehr in Grenzen – nur unser Schlagzeuger Renny findet’s gut.“ Im Jahr 2011 gründeten Montreal dann schließlich ihr eigenes Label Amigo Records, auf dem sie nicht nur ihre eigenen Platten rausbringen, sondern Kollegen wie Das Pack und Anadrinksdogpiss unterstützen. Neuestes Machwerk von Montreal ist ihr aktuelles fünftes Album „Sonic Ballroom“, mit dem sie mal wieder nicht die Schickimickiclubs dieser Welt live beglücken werden, sondern ausschließlich die guten Läden um die Ecke. Auf die Frage, ob Album Nummer fünf das persönlichste der Bandgeschichte ist und der Schreibprozess diesmal besonders intensiv und erleuchtend war, ob man vielleicht gar von einer Weiterentwicklung und/oder Neuerfindung von Montreal sprechen kann, orakelt Schlagzeuger und Medienprofi Max Power sich ein nebulöses „möglich“ aus dem Bart. Wer das wissen will, hat Punkrock eh nicht verstanden. Sondern der, der am 19. Dezember 2015 in der Hamburger Markthalle vor der Bühne steht und sich im kollektiven Pogo blaue Flecken holt.